Bei Vorruhestand nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 und dem Tarifvertrag zur Reglung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 wird schon seit fast 20 Jahren der gesamte Nettolohn faktisch nicht berechnet, sondern in einer Tabelle abgelesen, die letztmals im Jahr 2007 aktualisiert wurde. Dass, wie im TV ATZ vorgesehen, nur der Aufstockungsbetrag berechnet wird und dann dem errechneten Netto für die halbe Arbeitszeit zugeschlagen wird, ist eine Fehlannahme.

Wie wäre die richtige Berechnung des Aufstockungsbetrages?

Eine Bestimmung des tatsächlichen Prozentsatzes vom „Halbtagsnetto“ vom Netto bei Vollzeitbeschäftigung ist nach meiner Meinung unbedingte Voraussetzung. Ein Tabellenbetrag oder ein durchschnittlicher Prozentsatz verfälschen dieses Netto.
Auf das „erarbeitete Netto“ besteht Anspruch. Alles andere wäre rechtswidrig.

Aber wenn man dann diesen Prozentsatz hat, kann man auch problemlos den Aufstockungsbetrag genau nach den persönlichen Gegebenheiten ermitteln. Warum sollte man da noch Tabellenwerte benutzen. Es bedeutet doch noch einen zusätzlichen Aufwand und ist ungenauer.

Ich bin auch der Meinung, dass die Begründung, die Verwendung von Pauschalen vereinfacht die Berechnung, falsch ist. Es berechnet heute keiner mehr den Lohn per Hand. Alle einzugebenden Werte zur Berechnung für das Netto bei Vollzeit kennt das Lohnprogramm schon von der Berechnung für die halbe Arbeitszeit. Es muss nur einmalig entsprechend programmiert werden.
Aber auch bei der Berechnung anhand Pauschalen musste programmiert werden und zusätzlich noch Tabellenwerte erstellt und eingegeben werden. So gesehen ist die Ermittlung mit Mindestlohntabellen sogar aufwendiger.
Aber nicht nur hier, sondern auch woanders arbeitet der Gesetzgeber gern mit Pauschalen. Warum wohl? Doch nicht etwa, weil die Pauschalen in der Regel immer zu Ungunsten der „kleinen Leute“ ausgelegt werden? Was wäre, wenn hier der Arbeitnehmer zu viel Lohn bekommen hätte?

Für obiges Beispiel wäre der Bruttolohn bei Vollbeschäftigung 4500,00 €. Daraus ergibt sich

Nettolohn bei Vollzeit = 3.060,56 €
Da der Nettolohn bei 50 % der Arbeitszeit ohne Aufstockungsbeträge = 1.755,73 € beträgt, ergibt sich
Nettolohn halbe Arbeitszeit : Nettolohn halbe Arbeitszeit = 57,37 %
Damit ist der Nettolohn insgesamt um 25,63 % (83 % - 57,37 %) aufzustocken und es ergibt sich
Altersteilzeitaufschlag = 784,42 € (25,63 % von 3.060,56 €)
und es ist
tatsächliches Netto = 2540,15 € (1.755,73 € + 784,42 €)
Wenn man jetzt dieses mit dem oben berechneten Wert vergleicht, wurden
176,19 € zu wenig gezahlt!
Die Berechnung im Beispiel erhebt natürlich keinen Anspruch, auf den Cent genau zu sein, aber es zeigt die Größenordnung des falschen Ergebnisses.

Aber selbst wenn die Berechnung richtig gemacht wird, erhält der Vorruheständler im Durchschnitt nicht die 83 % Netto vom Vollzeitgehalt. In dem Altersteilzeitaufschlag ist rechentechnisch anteilig die Lohnsteuer enthalten, auch wenn das Finanzamt diese nicht bekommt. Aber mit der Jahressteuererklärung unterliegt dieser Aufschlag dem Progressionsvorbehalt, wodurch die Steuerlast steigt.

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